Dr. Stefan Frädrich – „Ich sehe dich, ich verstehe dich“: Der Erlebnisbericht

Das Wichtigste in Kürze


  • Kenne Dich:
    Sei Dir bewusst, was Deine No-Gos und Deine Bedürfnisse in der Kommunikation sind
  • Erkenne andere:
    Stell Dich auf Deinen Gegenüber ein
  • Ich bin okay, Du bist okay:
    Kommuniziere auf Augenhöhe

Bevor es losgeht…

Heute beginnt für mich das achte Seminar-Wochenende im Rahmen der GEDANKENtanken-Trainerausbildung. Es geht um Kommunikation.
Wie an jedem Seminar-Wochenende treffen sich die Jahresteilnehmer am Freitag schon um 9 Uhr, bevor die Einzelteilnehmer um 10 Uhr dazukommen. In dieser einen Stunde stellen sich neue Jahresteilnehmer vor, Teilnehmer halten Vorträge oder berichten von ihren Erfahrungen.
Mein Seminarjahr - Stefan Frädrich - Kommunikation - Morgenstimmung
Früh am Morgen in Köln, rechts im Bild: der Dom.
Heute darf ich davon berichten, wie ich meinen Blog gestartet habe und was seitdem alles passiert ist:
Alles begann damit, dass ich einen Weg gesucht habe, meine handschriftlichen Notizen von Seminaren systematisch und diszipliniert digital zu erfassen. Vor einiger Zeit hatte ich Spaß daran gefunden, Reise-Blogs zu schreiben. Von meinen Reisen nach Istanbul & Israel und nach Kroatien sind literarische Kleinode entstanden (Hier zum Blog Istanbul/Israel und hier auf nach Kroatien).
So kam mir die Idee, meine Seminarnotizen in einem Blog zu verewigen. Mit dieser digitalen Erinnerungsstütze kann ich auch andere Menschen daran teilhaben lassen, was ich gelernt und erlebt habe. Im Laufe der Vorbereitungen für den Blog entstand dann die Idee, Interviews mit den Trainern zu führen und das auch noch mit spontan gezogenen Fragekarten. Viele Trainer freuen sich über diese erfrischend andere Art, ein Interview zu führen.
Als ich davon erzähle, dass ich mehr als 20 Stunden arbeite, um einen Blogartikel live zu stellen (inkl. Videoschnitt, Facebook-Teaser, Newsletter), ernte ich erstaunte Gesichter. Auch ich hatte unterschätzt, wie lange es dauert, einen lehrreichen Seminartag in einen unterhaltsamen Blogbeitrag umzuwandeln. Dies führt auch dazu, dass ich gerade deutlich im Rückstand bin, was die Erlebnisberichte angeht.
Stefan Frädrich hat identifiziert, was die Erfolgsfaktoren meines Blogschreibens sein werden: Tempo und Disziplin. Gleichzeitig zeigt er sich begeistert von meiner Art zu schreiben und rät mir dringend, daraus mehr zu machen, vielleicht ein Buchprojekt, mal sehen …
Auch andere Teilnehmer berichten davon, welchen Weg sie in den letzten Monaten genommen haben. Richtig beeindruckend, was da in den letzten Monaten entstanden ist. Ein großer Mehrwert dieser Trainerausbildung ist es, mit vielen unterschiedlichen (werdenden) Trainern zusammen zu kommen, sich von deren Erfahrungen zu inspirieren und von deren Umsetzungspower mitreißen zu lassen.

Das Seminar geht los

Stefan Frädrich wird heute den Vormittag bestreiten, bevor ihn Peter Brandl am Nachmittag ablöst. Letzterer erntet schon mal ein paar Vorschusslorbeeren: „Wenn einer das Thema Kommunikation besetzt hat, dann Peter Brandl.“
Auch Stefan Frädrich hat zum Thema Kommunikation einiges zu sagen.
Da wir nicht so viel Zeit haben, wird es heute eher „Lehrer-like“ zugehen. „Ich spreche – Ihr hört zu!“ Na dann, also wenige Übungen heute (zwei Reflektionsübungen werden es sein) und viel mitschreiben!
Mein Seminarjahr - Stefan Frädrich - Kommunikation - Konrad Lorenz
Los geht’s mit einem Zitat, yippie!

Missverständnisse und Kommunikationsfehler

Los geht’s mit den typischen Handhebefragen: „Wer hat schon mal mit jemandem gesprochen?“ – „Wer wurde schon mal verstanden?“
Zunächst sind klassische Missverständnisse ein Thema. Es gibt eine Möglichkeit herauszufinden, ob ich verstanden werde: anhand der Reaktion des anderen. Als Trainer haben wir die Bringschuld, die Reaktion hervorzurufen, die wir haben wollen. Eine wichtige Zielgröße bei uns Trainern ist: „Setzen die Teilnehmer um oder nicht?“
Den ersten Kommunikationsfehler, vor dem Stefan Frädrich uns bewahren will, ist das Kommunikations-Wischiwaschi. Mit Wörtern wie „würde/könnte/vielleicht/ab und zu“ vermeiden wir es, uns festzulegen. Viel besser: Klartext reden!

„Unaufdringliche Körpersprache? Kann ich nich!“

Es folgen ein paar Begriffe aus der Welt des Radios: Senden, empfangen und Frequenz einstellen.
In der Kommunikation zwischen Menschen ist es hilfreich, immer wieder zu checken, was von dem, was ich gesendet habe, beim Empfänger ankommt und sich auf die Frequenz des anderen einzustellen. Unter Frequenz versteht Stefan Frädrich solche Dinge wie Körpersprache, Stimme, Modulation (Variation der Stimme zwischen laut/leise, schnell/langsam, hoch/tief) und Dialekt.
Mein Seminarjahr - Stefan Frädrich - Kommunikation - Senden und Empfangen
Stefan Frädrich in seinem Element, im Hintergrund: Günter

Jeder Mensch hat seine eigene Frequenz. Dies zeigt sich deutlich, als zwei Teilnehmer nach vorne kommen und von sich erzählen sollen. Die erste Teilnehmerin (nennen wir sie Fatima) redet eher leise, steht am Rand der Bühne, erzählt nur das Nötigste. Der zweite Teilnehmer (nennen wir ihn Richard) stellt sich direkt in die Mitte der Bühne, nimmt viel Raum ein, spricht mit lauter Stimme und möchte am liebsten gar nicht aufhören zu erzählen. Wenn diese beiden Teilnehmer miteinander reden, kann es helfen, wenn sie sich aufeinander einstellen, insbesondere für den Extrovertierten eine größere Aufgabe, so wie für Richard: „Unaufdringliche Körpersprache? Ich kann das – glaube ich – gar nicht.“

Ähnlich gewinnt

Das Prinzip hinter dem Frequenzaufeinandereinstellen ist Ähnlichkeit, Spiegelneuronen helfen uns dabei. Wenn ich mich auf den anderen einlasse und im selben Takt schwinge (Pacing), gelingt es mir, eine Verbindung zum anderen (Rapport) herzustellen. Stefan Frädrich hat in seiner Karriere schon viele Aufträge nur durch Rapport, Pacing und Leading (die Kommunikation in eine Richtung leiten) gewonnen.
Mein Seminarjahr - Stefan Frädrich - Kommunikation - Prinzip Ähnlichkeit
Gleich und gleich gesellt sich gern
Kommunikation bedeutet also auch, die Signale zu erkennen, die mein Gegenüber aussendet und die Türen zu entdecken, durch die ich zum anderen vordringen kann.
Auch Stefan Frädrich sendet Signale aus, die er im Wesentlichen als die Zustände „an“ und „aus“ zusammenfasst. Wenn er „an“ ist, sucht und hält er Blickkontakt und seine Aufmerksamkeit ist nach außen gerichtet. Bei „aus“ nimmt er eher weniger Blickkontakt auf und hat seine Aufmerksamkeit nach innen und auf die aktuelle Aufgabe gerichtet. In diesem Zustand sollte man ihn eher nicht ansprechen. Gut zu wissen.
Mein Seminarjahr - Stefan Frädrich - Kommunikation - Bitte nicht stören
Bitte nicht stören!

Was sind Deine No-Gos?

Da wir gerade so schön dabei sind, kommt jetzt schon die erste Übung. Wir sollen überlegen, was unsere No-Gos in der Kommunikation sind und wie man uns auf keinen Fall ansprechen sollte. Bei Stefan Frädrich sind No-Gos: Zeitdiebstahl, Langeweile und Emotionsgedöns. Und wie schon erwähnt, gilt bei ihm „aus = aus“, dann heißt es: Stören verboten!
Die Frage von Richard, was denn dann erlaubt sei, bekommt eine einfache Antwort: „Wenn ‚an‘, ist alles erlaubt. Solange Ihr zum Punkt kommt.“
Mein Seminarjahr - Stefan Frädrich - Kommunikation - Blickkontakt
Schau mir in die Augen, kleiner Teilnehmer!
Jetzt sind wir also dran. Ich fange an zu schreiben, was die No-Gos sind, wenn man mit mir kommunizieren möchte. Erschreckenderweise schwillt die Liste schnell auf über 10 Punkte an. Auf meiner schwarzen Liste stehen Sachen drauf wie „nur von sich erzählen“, „kein Blickkontakt“ und auch „starrer Blickkontakt“, „Jammern“, „Langweilen“, „nicht zuhören“. Falls Du mich mal treffen solltest, wünsche ich viel Spaß beim Beachten dieser Verbote 😉

„Macht den Mund auf!“

Nach den No-Gos sprechen wir über Möglichkeiten, das erfolgreich gestartete Gespräch auch am Laufen zu halten.
Eine gute Technik ist das Paraphrasieren. Indem ich in meinen eigenen Worten wiedergebe, was mein Gegenüber gesagt hat, zeige ich ihm, dass ich ihm zugehört habe und vermeide es, direkt in die Wertung zu gehen. Gerade am Anfang eines Gesprächs ist es hilfreich, Aussagen des Gegenübers einfach mal stehen zu lassen und nicht direkt in Widerspruch zu gehen, das kann man ja später immer noch machen. Damit das Gespräch am Leben bleibt, dürfen auch die Introvertierten ein paar mehr Sätze sagen als „ja“ und „nein“. Einfaches Rezept: Wiederholen, was der andere sagt und 2-3 Sätze dazu.
Den einen oder anderen Appell hat Stefan Frädrich direkt parat: „Schiebt die Angst beiseite!“ und „Liebe Leisen, macht den Mund auf!“ Er empfiehlt, das aktuelle Zeitgeschehen zu verfolgen und sich nicht verrückt zu machen. Denn: „Wenn wir nur über das reden würden, wo wir uns auskennen, hätten wir ein großes Schweigen auf Erden!“

Flirten ohne es zu brauchen

Wir wissen nun, wie wir ein Gespräch zum Laufen bringen und am Leben halten. Wie schaffe ich es denn nun, Anziehung zu erzeugen? Das könnte ja z.B. beim Vertrieb helfen.
Jetzt wird es ein wenig tricky: Wenn ich unbedingt jemanden z.B. diesen einen Kunden brauche (Stefan Frädrich nennt das „needy“), dann wirke ich unattraktiv und abstoßend. Zwischenruf aus der letzten Reihe: „Wie beim Flirten übrigens!“ Ach, schau an, das ist ja Yvonne de Bark, die heute schon mal vorbei schaut, bevor sie uns am Sonntag zum Thema „Körpersprache“ trainieren wird.
Eine gewisse Unabhängigkeit kann also hilfen. Darüber hinaus kann es nicht schaden, wenn man über ein gesundes Selbstbewusstsein und eine gute Selbstakzeptanz verfügt. Selbstbewusstsein bedeutet „sich seiner selbst bewusst sein“ und eben nicht – wie immer wieder missverstanden – dominant auftreten und die anderen platt drücken. Ist die Selbstakzeptanz nicht gegeben, kann ich mir sicher sein, dass das in der Kommunikation immer mitwabert und ich so sicherlich nicht sehr souverän und attraktiv wirke.
Mein Seminarjahr - Stefan Frädrich - Kommunikation - Überzeugen
Plattmachen is nich

Augenhöhe ist okay

In der Trainerbranche (und sicher auch in vielen anderen Branchen) kommt es immer wieder zu Machtspielen in der Kommunikation, was sehr oft etwas mit echten oder gefühlten Hierarchien zu tun hat. Mit der Denke „Ich bin okay, Ihr seid nicht okay“ stelle ich mich über die anderen, mit „Ich bin nicht okay, Ihr seid okay“ mache ich mich selbst klein. Wenn ich mit der Einstellung „Ich bin okay, Ihr seid okay“ anderen Menschen nähere, ist auf einmal Kommunikation auf Augenhöhe möglich.
Es folgen ein paar Klischees zur Kommunikation von Männern und Frauen. Nicht ganz ernst gemeint und doch ist was dran an so Stereotypen wie „Männer haben wenige Worte für viele Sachen, Frauen haben viele Worte für wenige Sachen“ oder „Männer nehmen Argumente wahr, Frauen Gefühle.“
Mein Seminarjahr - Stefan Frädrich - Kommunikation - Männer und Frauen
Zeit für ein paar Klischees

Cholero-Günter trifft Besserwisser-Günter

Wir steigen tiefer in die Typologie von Menschen ein. Mit Hilfe seines Wappentiers Günter (das ist dieser innere Schweinehund) zeichnet Stefan Frädrich die vier Typen:
Der Cholero-Günter reagiert allergisch darauf, wenn man ihm sagt, was er zu tun oder zu denken hat. Bei ihm hilft es, schnell auf den Punkt zu kommen und ihn selbst denken zu lassen.
Der Aktions-Günter liebt Begeisterung und das zeigt diese auch in seiner Kommunikation. Ab und zu darf man ihn wieder zur eigentlichen Sache zurückführen. Ansonsten schätzt er es, wenn man ihn reden lässt. Während man dem Cholero-Günter den Nutzen aufzeigt, zeigt man dem Aktions-Günter das Tolle.
Der Routine-Günter sucht Sicherheit und Orientierung. Hier hilft es, höflich zu sein und Verständnis zu zeigen und ihm geduldig zu erklären, um was es einem geht.
Den Besserwisser-Günter werde ich nur schwerlich von einer Meinung überzeugen, die er nicht hat. Schließlich hat er sich seine Meinung auf soliden Fakten mühsam aufgebaut. Deswegen sollte ich in der Kommunikation darauf achten, dass ich ihm ruhig und sachlich die Zahlen, Daten, Fakten näherbringe.

Wie kommunizierst Du?

Wir nähern uns der Zielgeraden dieses Ritts durch die Grundlagen der Kommunikation. Jetzt kommen wir schon zur zweiten Reflektionsübung. Ein paar Fragen dürfen wir nun für uns beantworten:
  • Welche Motive sind dir wichtig?
  • Was brauchst du unbedingt, damit Kommunikation mit dir gelingt?
  • Was stört die Kommunikation mit dir fast sicher?
Auch hier gibt Stefan Frädrich einen kurzen Einblick in sein Seelenleben. Er offenbart er uns, dass er eins nicht kann: stillsitzen. Das überrascht in dieser Runde wohl keinen mehr.
Ich stelle fest, dass bei mir Themen wie Humor und Wertschätzung als wichtige Motive und Bedürfnisse immer wieder auftauchen. Am meisten stören mich Menschen, die unablässig jammern und keine Verantwortung für ihr eigenes Handeln und damit ihr Leben übernehmen wollen.
Wir besprechen die Antworten einiger Teilnehmer und finden gemeinsam heraus, was mögliche Motive hinter den Vorlieben und Störfaktoren sein könnten. Stefan Frädrich betont, dass es enorm hilft, die Gebrauchsanleitung des anderen zu kennen, um gut kommunizieren zu können.

Den Mund halten

Zum Abschluss gibt es noch ein heiteres Video und den Hinweis auf die Literaturliste. Stefan Frädrich beendet diesen Seminarvormittag mit einem schönen Zitat von Oscar Wilde: „Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.“
Mein Seminarjahr - Stefan Frädrich - Kommunikation - Oscar Wilde
Ooh, Seminar schon vorbei 🙁

Fazit

Stefan Frädrich führt in wenigen Stunden durch die Grundlagen der Kommunikation und bildet damit eine gute Basis für die weiteren Seminare dieses Wochenendes ganz im Zeichen der Kommunikation. Die 3 Bs (Brandl, Baum und de Bark) können  in den folgenden Tagen sicher gut daran anknüpfen.
Mir gefällt seine lockere Art, die anschaulichen und niedlichen Günter-Illustrationen und die vielen Beispiele und Videos. Das ermöglicht es mir, ihm trotz seines atemberaubenden Sprechtempos gut zu folgen.

Jetzt Du

Was brauchst Du in der Kommunikation? Was sind Deine No-Gos?

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.